Diese steuerlichen Veränderungen plant die Ampel
SPD, Grüne und FDP bilden nun die neue Bundesregierung. Nach den Ankündigungen von Finanzminister Lindner könnte sich nach seinen Aussagen steuerlich für Betriebe, Selbstständige und Arbeitnehmer daher einiges tun.
Ich stelle hier nur die vorläufigen Steuerpläne der neuen Bundesregierung dar, die voraussichtlich die überwiegende Zahl der Steuerbürger betreffen werden.
1. Ersatz der Lohnsteuerklassenkombination III/V
Die Lohnsteuerklassenkombination III/V für Ehegatten soll ab 2022 wegfallen. Bei dieser bisherigen Kombination ist der Besserverdiener in Lohnsteuerklasse III gering mit Lohnsteuer belastet, während der Ehegatte mit der Steuerklasse V hohe Lohnsteuerabzüge hinnehmen muss.
An die Stelle der Lohnsteuerklassenkombination III/V soll die bereits vorhandene Lohnsteuerklasse IV mit Faktor treten. Bei dieser Kombination wird die Lohnsteuer nach dem Verhältnis des Arbeitslohns jedes Ehegatten zur Summe der Arbeitslöhne der Ehegatten berechnet. So zahlt jeder Ehegatte nur die Lohnsteuer, die auf seinen Arbeitslohn entfällt und bekommt das Nettogehalt, dass er wirklich erwirtschaftet.
Die Änderung soll für mehr Gerechtigkeit sorgen und der Gleichstellung von Frauen und Männern dienen.
Folgen bei Zusammenveranlagung:
Das ist aus meiner Sicht jedoch nur Aktionismus, denn bei Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, dient der Lohnsteuerabzug unterjährig der Sicherstellung der Einkommensteuer bei Arbeitnehmern. Bei der gemeinsamen Einkommensteuerveranlagung wird das Gesamteinkommen unabhängig von der Lohnsteuerklassenwahl nach der Splittingstabelle mit Einkommensteuer belastet. Die gezahlte Lohnsteuer der Ehegatten wird darauf angerechnet.
Das bedeutet, dass die Gesamtsteuerbelastung bei der Steuerklassenkombination III/V genauso hoch ist wie bei der Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor.
Folgen bei getrennter Veranlagung:
Bei getrennte Veranlagung wird jeder Ehegatte nach der Grundtabelle, die im Wesentlichen der Steuerklasse I entspricht, besteuert, unabhängig davon, nach welcher Lohnsteuerklasse im Laufe des Jahres die Lohnsteuer einbehalten wurde.
Die einbehaltene Lohnsteuer wird auf die tatsächlich zu zahlende Einkommensteuer angerechnet.
Wenn weder höheren Werbungskosten, negative Einkünfte, weitere Sonderausgaben noch außergewöhnliche Belastungen in der Einkommensteuererklärung angesetzt werden, ergibt sich bei Lohnsteuerklasse III in aller Regel eine Einkommensteuernachzahlung bei der Einkommensteuerveranlagung.
Bei Lohnsteuerklasse V hingegen kann mit einer Erstattung gerechnet werden.
2. Verlängerung der Homeoffice-Pauschale
Wer in den Jahren 2020 und 2021 wegen der Corona-Pandemie im Zuhause gearbeitet hat, kann von der neuen Homeoffice-Pauschale profitieren. Für die Tage, an denen ausschließlich im Homeoffice gearbeitet wurde, dürfen 5 Euro pro Tag als Werbungskosten abgezogen werden. Dieser Vorteil ist aber auf maximal 600 Euro pro Jahr begrenzt. Wenn keine weiteren Werbungskosten angefallen sind, bringt dies aber gar nichts, da der Werbungskostenpauschbetrag von 1.000 €, der bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt wird, bei Arbeitnehmern die Homeofficepauschale übersteigt.
Die Homeoffice-Pauschale war ursprünglich bis Ende 2021 befristet. Doch die neue Bundesregierung will diese zweifelhafte Steuervergünstigung bis Ende 2022 zu verlängern.
Zweifelhaft deshalb, weil der Ansatz der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte häufig bereits bei einer Entfernung von mehr als 15 km zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und 220 Arbeitstagen im Jahr günstiger ist.
Wenn an 120 Tagen im Homeoffice gearbeitet wurde und an 100 Tagen am regelmäßigen Arbeitsplatz ergibt sich ab einer einfachen Fahrtstrecke von mehr als 13 km ein Betrag über dem Werbungskostenpauschbetrag.
Einziger Vorteil der Homeoffice-Pauschale für alle Arbeitnehmer und Unternehmer ist, dass nicht die engen Voraussetzungen für das häusliche Arbeitszimmer erfüllt sein müssen. Auch wenn die Arbeiten am Küchentisch, am Esszimmertisch oder in einer Arbeitsecke im Schlaf- oder Wohnzimmer erledigt werden, kann die Homeoffice-Pauschale in Anspruch genommen werden
3. Verbesserung der Kindergrundsicherung
Nach den Plänen der neuen Bundesregierung sollen Familien von der sogenannten „Kindergrundsicherung“ mehr Geld in der Tasche haben. Die Koalition will bisherige Kinder bezogene Leistungen an Familien wie Kindergeld oder Zahlungen im Rahmen von Hartz IV zu einer Leistung zusammenfassen und deren Höhe spürbar nach oben anpassen.
Nach diesen Plänen sollen alleinerziehende Elternteile in einem Jahr insgesamt 2330 Euro mehr bekommen als bisher, bei einem Elternpaar mit Kindern steigt der Betrag sogar 3010 Euro.
Wie dies genau umgesetzt werden soll, ist jedoch noch nicht bekannt.
4. Superabschreibung für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung
Für Unternehmen, die in Klimaschutz und Digitalisierung investieren, soll nach den Steuerplänen eine Superabschreibung eingeführt werden. Um wirklich eine Superabschreibung zu sein, müsste sie für diese Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens generell mindestens 50 Prozent betragen oder eine nur einjährige Nutzungsdauer wie bei geringwertigen Wirtschaftsgütern beinhalten.
Wäre es da nicht sinnvoller, die für alle Investitionen in den Jahren 2020 und 2021 eingeführte degressive Abschreibung zu verlängern?
Die degressive Abschreibung beträgt für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens das 2,5-fache der linearen Abschreibung, maximal aber 25 %.
Nicht zu übersehen ist aber, dass bei Nutzungsdauern von bis zu 3 Jahren der lineare Abschreibungssatz (33,33%) höher ist als der degressive Abschreibungssatz. Bereits im ersten Nutzungsjahr übersteigt der Betrag der linearen Abschreibung den degressiven Abschreibungsbetrag. Bei diesen Wirtschaftsgütern macht die degressive AfA also gar keinen Sinn
Bei einer Nutzungsdauer von 4 Jahren stimmen linearer und der degressive Abschreibungssatz 25% überein. Im ersten Jahr stimmt der Abschreibungsbetrag nach beiden Methoden überein. IN zweiten Jahr wäre die degressive Abschreibung aber schon niedriger als die lineare, so dass zur linearen Abschreibung gewechselt werden sollte.
Nicht vergessen werden darf dabei auch, dass die Abschreibung insgesamt nur 100 % betragen kann. Der Ansatz der „Superabschreibung“ und auch der degressiven Abschreibung führt also nur zu einer Vorverlagerung des Aufwandes.
Ob das für Corona gebeutelte Unternehmen sinnvoll ist, sei dahingestellt, da diese ohnehin häufig niedrige Gewinne haben. Hier macht es mehr Sinn, die Abschreibung für zukünftige Jahre aufzusparen, in denen hoffentlich wieder höhere Gewinne erwirtschaftet werden können.
Bei einer Nutzungsdauer von 4 Jahren sind der lineare und der degressive Abschreibungssatz gleich groß, so dass sich im ersten Jahr nach beiden Methoden der gleiche Abschreibungsbetrag ergibt. Da der optimale Wechselzeitpunkt von der degressiven zur linearen Abschreibung bereits zu Beginn des 1. Nutzungsjahrs liegt, bietet die degressive Abschreibung unter dem Gesichtspunkt der Aufwandsvorverlagerung keinen Vorteil.
5. Erweiterung der Verlustverrechnung
Wenig interessant für kleine und mittlere Unternehmen dürfte die Erhöhung des Verlustabzugs auf 5 Millionen Euro für Ledige und 10. Millionen Euro für zusammenveranlagte Ehegatten auch in den Jahren 2022 und 2023 sein.
Für diese Unternehmen könnte eher die Erweiterung des Verlustrücktrags von Bedeutung sein. Bisher kann ein Verlust nur in das Jahr vor der Entstehung des Verlustes zurücktragen werden. Zukünftig soll dies auch in das zweite Jahr vorher möglich sein.
Dies würde bedeuten, dass der Verlust eines Jahres mit den Gewinnen der beiden Vorjahre verrechnet werden darf. Deshalb könnten Verluste der Jahre 2020 und 2021 in die Vor-Corona-Jahre 2018 und 2019 zurückgetragen werden. Wenn in den Vorjahren Steuern gezahlt wurden, ergibt sich daraus eine Steuererstattung bei der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer.
Das funktioniert auch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH, UG, Ltd).
Hier ist allerdings darauf hinzuweisen, dass ein Verlustrücktrag bei der Gewerbesteuer nicht möglich ist.
6. Verbesserung bei Sachspenden
Bisher haben Lebensmittel produzierende oder verkaufende Unternehmen verdorbene oder anderweitig nicht verkäufliche Produkte vernichtet oder entsorgt. Wer sich solche, noch verwertbare Produkte aus den Containern holt, ist mit Bestrafung bedroht.
Dabei hätten die Unternehmen diese Produkte gerne Bedürftigen oder gemeinnützigen Unternehmen kostenlos überlassen. Dieses Verfahren ist aber für viele Betriebe gegenwärtig noch uninteressant, weil das Finanzamt solche Sachspenden zwar Ertragssteuer mindern zulässt, den Wert der Spende aber in der Regel der Umsatzsteuer unterwirft. So kann es sein, dass für viele Unternehmen die Vernichtung von Waren wirtschaftlich betrachtet attraktiver ist, als diese zu spenden.
Diese unsinnige, steuerliche Regelung für Sachspenden in der Umsatzsteuer soll abgeschafft werden.
7. Weitere Steuerpläne im Koalitionsvertrag